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Das Sozialistengesetz (21. Oktober 1878)

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§ 8. Das von der Landespolizeibehörde erlassene Verbot, sowie die Anordnung der Kontrole ist dem Vereinsvorstande, sofern ein solcher im Inlande vorhanden ist, durch schriftliche, mit Gründen versehene Verfügung bekannt zu machen. Gegen dieselbe steht dem Vereinsvorstande die Beschwerde (§ 26) zu.

Die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach der Zustellung der Verfügung bei der Behörde anzubringen, welche dieselbe erlassen hat.

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 9. Versammlungen, in denen sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische auf den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen zu Tage treten, sind aufzulösen.

Versammlungen, von denen durch Thatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sie zur Förderung der im ersten Absatze bezeichneten Bestrebungen bestimmt sind, sind zu verbieten.

Den Versammlungen werden öffentliche Festlichkeiten und Aufzüge gleichgestellt.

§ 10. Zuständig für das Verbot und die Auflösung ist die Polizeibehörde.

Die Beschwerde findet nur an die Aufsichtsbehörden statt.

§ 11. Druckschriften, in welchen sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische auf den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage treten, sind zu verbieten.

Bei periodischen Druckschriften kann das Verbot sich auch auf das fernere Erscheinen erstrecken, sobald auf Grund dieses Gesetzes das Verbot einer einzelnen Nummer erfolgt.

§ 12. Zuständig für das Verbot ist die Landespolizeibehörde, bei periodischen im Inlande erscheinenden Druckschriften die Landespolizeibehörde des Bezirks, in welchem die Druckschrift erscheint. Das Verbot der ferneren Verbreitung einer im Auslande erscheinenden periodischen Druckschrift steht dem Reichskanzler zu.

Das Verbot ist in der im § 6 Abs. 2 vorgeschriebenen Weise bekannt zu machen und ist für das ganze Bundesgebiet wirksam.

§ 13. Das von der Landespolizeibehörde erlassene Verbot einer Druckschrift ist dem Verleger oder dem Herausgeber, das Verbot einer nicht periodisch erscheinenden Druckschrift auch dem auf derselben benannten Verfasser, sofern diese Personen im Inlande vorhanden sind, durch schriftliche, mit Gründen versehene Verfügung bekannt zu machen.

Gegen die Verfügung steht dem Verleger oder dem Herausgeber, sowie dem Verfasser die Beschwerde (§ 26) zu.

Die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach der Zustellung der Verfügung bei der Behörde anzubringen, welche dieselbe erlassen hat.

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

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