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Stenographische Niederschrift (Teilübertragung) der interministeriellen Konferenz im Reichsluftfahrtministerium (12. November 1938)

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Hilgard: Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, daß der ehrbare deutsche Kaufmann nicht der Leidtragende sein darf. Ich habe auch mit den Unternehmungen gesprochen, ich habe dafür gesprochen, daß der Schaden nicht an den Ariern hängenbleiben darf, und er bleibt rettungslos an den Ariern hängen, weil die Versicherungsgemeinschaft — nicht Versicherungsgesellschaft! — dadurch getroffen wird, indem sie erhöhte Prämien zahlen muß und verminderte Dividenden bekommt. Infolgedessen ist sie der endgültig Geschädigte. Das ist so und bleibt so. Das wird mir niemand abstreiten.

Göring: Dann sorgen Sie gefälligst dafür, daß nicht so viele Fensterscheiben eingeschmissen werden! Sie sind auch ein Teil des Volkes. Schicken Sie Ihre Vertreter hinaus. Die sollen sofort aufklären! — Wenn noch besondere Fragen auftauchen, dann sprechen Sie mit Herrn Lange.

(Reichsgruppenleiter Hilgard verläßt die Sitzung.)

Meine Herren, wir fahren fort.

Woermann: Ich glaube, daß die ausländischen Juden jetzt im § 1 ganz ausfallen. Sie stehen nur im § 2. Die ausländischen Juden müßten im § 1 auch berücksichtigt werden. Sonst sind sie nur erfaßt, wenn sie versichert sind, und nicht, wenn sie nicht versichert sind.

Göring: Dann sollen sie sich eben versichern, oder was meinen Sie sonst?

Woermann: Wie ich den Wortlaut verstehe, sind die ausländischen Juden jetzt nur im § 2 oder 3 bei der Versicherung erwähnt, dagegen nicht in § 1. Wenn ich recht in Erinnerung habe, wollten Sie im § 1 sagen: inländische Juden. Dann haben wir eine Fülle von Reklamationen.

Göring: Aber verzeihen Sie! Laut § 2 bekommen die den Versicherungsschaden ausbezahlt.

(Woermann: Wenn sie versichert sind!)

Solche, die nicht versichert sind, gibt es kaum.

Heydrich: Darf ich noch etwas Grundsätzliches sagen. Wir brauchen die Beschlagnahme nicht in die Verordnung hineinzunehmen, sondern das würde ich stillschweigend machen.

Göring: Nein, das können Sie nicht stillschweigend machen, sondern das muß klares Recht sein. Das trifft aber nicht das, was Herr Woermann meint. Da dreht es sich um die ausländischen Juden, die nicht versichert sind. Soweit sie versichert sind, sind sie gedeckt. Es handelt sich nur um die, die nicht versichert sind. Das könnte einmal da und dort der Fall sein.

Woermann: Dann haben wir die Fülle der Reklamationen.

Göring: Ich möchte vermeiden, hier zu viel auf die ausländischen Juden hinzuweisen.

Woermann: Aber wenn das sowieso im § 2 drinsteht, könnte es im § 1 auch drin sein. Die erste Fassung des Herrn Reichsjustizministers deckte die Sache.

Gürtner: Wenn ich Herrn Woermann recht verstehe, nimmt er daran Anstoß, daß die Wiederherstellungspflicht allgemein ausgeführt wird, daß aber bei der Versicherungsfrage nur die Juden deutscher Staatsangehörigkeit genannt werden. Nun bitte ich zu prüfen, ob es irgendwie zu beanstanden ist, wenn auch dem ausländischen Juden die Pflicht auferlegt wird, das wiederherzustellen, und ihm gleichzeitig gesagt wird: deine Versicherungssumme bekommst du nicht?

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