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Werner von Fritsch blickt auf die Beziehung zwischen der SS und der Wehrmacht zurück (1. Februar 1938)

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Durch die Umtriebe der SS im Herbst 1934 war eine große Erregung allenthalben entstanden. Die SS. behauptete, die Armee bereite einen Putsch vor, von allen Wehrkreisen liefen Meldungen ein, daß die SS. einen großen Schlag plane. Da entschloß sich der Führer zum 3. Januar 1935 abends die maßgeblichen Persönlichkeiten der Partei und viele höhere Offiziere zu einer Besprechung in das Opernhaus zu befehlen. Der Führer hielt einen Vortrag, der ein einziges Bekenntnis zur Treue der Armee und ihres Führers [Fritsch] war. Nach der Rede des Führers flaute die Hetze der SS. zunächst ab. Vom Sommer 1935 ab trat sie aber wieder stärker hervor. Ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Verhältnisse warf das Benehmen der SS.-Verfügungs-Truppen auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow, wo sie sich aus nichtigem Anlaß in den wüstesten Beschimpfungen des Heeres und meiner Person ergingen.

Während es in der Nachfolgezeit gelungen ist, mit allen Parteidienststellen zu einem guten, vielfach wohl auch vertrauensvollen Verhältnis zu gelangen, ist dies mit der SS. nicht gelungen. Es mag dies, von unserer Seite aus gesehen, wohl daran liegen, daß es kaum einen höheren Offizier geben dürfte, der sich nicht von der SS. bespitzelt fühlte. Immer wieder wird auch bekannt, daß entgegen den ausdrücklichen Weisungen des Stellvertreters des Führers im Heer dienende SS.-Leute den Befehl haben, über ihre Vorgesetzten zu berichten. Leider kommen diese Dinge nur in einer Form zu meiner Kenntnis, daß ich ihnen nicht nachgehen kann.

Schließlich ist es die SS.-Verfügungstruppe, die, immer weiter ausgebaut, schon allein durch ihr Vorhandensein einen Gegensatz zum Heer schaffen muß. Sie ist der lebendige Mißtrauensbeweis gegen das Heer und seine Führung.

Wenn auch dem Heere ein gewisses Recht zur Überwachung der Ausbildung bei der SS.-Verfügungstruppe zusteht, so entwickelt sich doch diese SS.-Truppe völlig abseits und, wie mir scheint, in bewußtem Gegensatz zum Heer. Alle Stellen melden übereinstimmend, daß das Verhältnis der SS.-Verfügungstruppe zum Heer ein sehr kühles, wenn nicht ablehnendes sei. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die ablehnende Haltung gegen das Heer in der SS.-Verfügungstruppe geradezu gefördert wird. Äußerlich findet diese Ablehnung ihren Ausdruck darin, daß höchst selten ein SS.-Mann einen Offizier grüßt.

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Quelle: Friedrich Hossbach, Zwischen Wehrmacht und Hitler 1934-1938 (1949). 2. Auflage. Göttingen, 1965, S. 60-62.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht (www.v-r.de).

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