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Auszug aus Clemens Fürst von Metternichs politischem Glaubensbekenntnis (1820)

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In der Gruppe der Gleichmacher befinden sich willensstarke und entschlußfreudige Männer. Die Doktrinäre weisen keine von diesen in ihren Rängen auf. Wenn auch die erste Gruppe am Tage des Geschehens stärker zu fürchten ist, so stellt die zweite Gruppe doch eine größere Gefahr dar in der Phase der trügerischen Ruhe, die vorausgeht: wie beim echten Gewitter, so auch in der Gesellschaftsordnung. Ständig abstrakten, niemals auf echte und einfache Bedürfnisse anwendbaren Ideen hingegeben, sogar im Widerspruch zu diesen Bedürfnissen stehend, sind es die Menschen dieser Klasse, die nicht aufhören, das Volk mit ihren eingebildeten und vorgetäuschten Sorgen aufzuwiegeln und schließlich die Regierungen anzustacheln, vom richtigen Weg abzuweichen. Die Welt möchte von Fakten und nach Maßgabe der Gerechtigkeit regiert werden und nicht durch Phrasen und Theorien. Das erste Bedürfnis einer Gesellschaft ist es, von einer starken Obrigkeit aufrechterhalten zu werden (jede Obrigkeit ohne echte Gewalt verdient nicht den Namen) und sich nicht selbst zu regieren. Zählt man die Zahl der Gefechte, die sich die Parteien in den gemischten Regierungen liefern, und der Beschwerden auf dem Rechtsweg, der durch einen Missbrauch der Macht in einem christlichen Staat offen steht, so wendet dieser Vergleich nichts zugunsten der Doktrinäre. Das erste und wichtigste Anliegen für die Mehrheit eines Staates ist die Unverrückbarkeit des Rechts, seine ununterbrochene Geltung und seine Unveränderlichkeit. Mögen die Regierungen so regieren, daß sie die Grundlagen ihrer alten wie neuen Institutionen aufrechterhalten, denn wie zu allen Zeiten ist es gefährlich, hieran zu rühren; dies ist nicht nur heute und in der allgemeinen Aufruhr eine nützliche Sache.

Mögen sie gegenüber ihrem Volk diese Entschlossenheit zeigen, und mögen sie dies durch Taten tun. Mögen sie die Doktrinäre innerhalb ihres Landes zum Schweigen bringen und ihre Verachtung gegen sie Aussenstehenden gegenüber zum Ausdruck bringen. Mögen sie in ihrem Vorgehen und ihren Handlungen nicht nachgeben auf den Verdacht hin, daß sie Fehlern billigend oder gleichgültig gegenüber stehen; mögen sie niemanden glauben lassen, daß es auf die Erfahrung nicht mehr ankäme und diese risikobehafteten Versuchen Platz zu machen habe. Mögen sie genau und klar in jeder ihrer Aussagen sein und nicht versuchen, etwas dadurch zu gewinnen, daß sie den Umstürzlern, die nichts im Sinn haben als die Zerstörung jeglicher Macht, die nicht die ihre ist, Zugeständnisse machen – denn Zugeständnisse bringen gar nichts außer daß sie deren Ansprüche auf Macht noch erhärten.

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