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David Hansemann an den preußischen Innenminister Ernst von Bodelschwingh (1. März 1848)

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So die Verhältnisse, wie sie sich, der konsequenten Politik der Unfreiheit ungeachtet, ausgebildet haben. Wenn je die Erfahrung Lehren an die Hand geben kann, so hat sie deutlich gesprochen, daß jene Politik den Völkern wie ihren Fürsten verderblich ist, und daß das Fortwandeln auf diesem Wege das gefährlichste Experiment wäre, was je gemacht werden kann. Ja doppelt gefährlich jetzt, wo in einem so mächtigen Lande wie Frankreich, bei einer so kriegerischen Nation die republikanische Partei einstweilen die Oberhand gewonnen hat. Wem schwebt jetzt nicht die Gefahr vor, daß die Kriege früherer Zeiten sich erneuern und unglücklich für Preußen, für Deutschland ausfallen könnten; wer begreift es nicht, wie schwach Österreich in seiner jetzigen Lage ist, so schwach, daß es vollauf zu tun hat mit Dämpfung der ihm feindlichen Elemente in Italien, selbst wenn sie von außerhalb keine Unterstützung haben! Groß und allgemein sind jetzt die Besorgnisse; sie sind es vorzüglich deshalb, weil sich Deutschland infolge der reaktionären Politik, an deren Spitze der Fürst Metternich steht, und infolge des Anlehnens an Rußland in einer so bedenklichen Lage befindet; auch weil man fürchtet, Deutschlands Fürsten möchten, anstatt durch die Freiheit die Kräfte ihrer Völker zu wecken, noch immer jene Politik nicht verlassen und vorzugsweise auf Rußlands Schutz vertrauen. Die Gefahr der Lage Preußens und Deutschlands wird dadurch noch erhöht, daß infolge des Prinzips der Unfreiheit und der Bevormundung der praktische politische Verstand des Volkes nicht hinreichend ausgebildet ist, so daß für die Dauer unausführbare und gefährliche Doktrinen manchen zu täuschen imstande sind und es schwer ist, das praktisch Ausführbare zur Geltung zu bringen. Es ist eine Ratlosigkeit des Volkes um so mehr vorhanden, weil es seine Führer, die Regierungen, nicht befähigt erachtet, einer Krise zu begegnen, die jene durch irrige Auffassung der Verhältnisse gewissermaßen heraufbeschworen haben.

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Quelle: GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nachlass Hansemann, Nr. 14: Gemeinnützige Unternehmungen, 1847 bis 1848, Bl. 104r-106v (Hansemann an Minister v. Bodelschwingh in Berlin, Aachen, den 01. März 1848 [Abschrift]).

Wiedergabe auf dieser Website mit freudlicher Genehmigung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz.

Auch abgedruckt in Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830-1850, gesammelt und herausgegeben von Joseph Hansen, Bd. II.1, Januar 1846-April 1848. Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschictskunde XXXVI Bd. 2.1, 1942; S. 477-80.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde.

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