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Ursprung, Motive und Strukturen von Bürgerinitiativen (27. Oktober 1973)

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Proteste gegen Verkehrspläne haben nicht zufällig den Beginn dieser heimischen Bürgerrechtsbewegung eingeläutet, falls man die Aktion Roter Punkt von Hannover 1969 als erstes weithin beachtetes Beispiel einer Bürgerinitiative gelten lassen will. Diese Jahreszahl gibt zugleich die Nähe zur Studentenbewegung, zur Apo-Konjunktur der vorausgegangenen Jahre und weist damit auf die Nachfolgefunktion von Bürgerinitiativen hin. Sie haben sich seitdem – gewiß nicht nur, aber vor allem – in den Ballungsgebieten konstituiert. Dabei bietet ein Stadtstaat den relativ besten Nährboden: wegen der großstädtisch dichteren Kommunikationsmöglichkeiten in Verbindung mit der Tatsache, daß sich in einem Stadtstaat auf Parteien, Parlament und Verwaltung leichter direkt einwirken läßt.

Lehrbeispiel und zugleich ein Grenzfall, was die Rolle von Bürgerinitiativen angeht, ist die Wandlung der Hamburger Verkehrsplanung mit ihrer vielbeachteten Absage an den in den fünfziger Jahren proklamierten „autogerechten Ausbau des inneren Stadtgebietes“ und damit an weitere Stadtautobahnen, zumindest für die nächste Zukunft, zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs. Ein entsprechendes Konzept des SPD-Landesvorstandes („Aus dem Stadtzentrum muß der Individualverkehr zurückgedrängt werden“) hat den Segen eines SPD-Landesparteitags erhalten. Obwohl die Jungsozialisten mit ihren Vorstellungen in der Frage der Nahverkehrstarife nicht durchdringen konnten, haben sie doch ihr „autofeindliches“ Verkehrskonzept in entscheidenden Grundzügen durchgebracht. Der Beitrag der Bürgerinitiativen hierzu ist gewichtig, wenngleich im einzelnen schwer abzuschätzen. Auch sind gerade die Jungsozialisten im Zuge ihrer „Doppelstrategie“ vielfach in Bürgerinitiativen aktiv.

Das war gerade an den örtlichen Protestaktionen gegen geplante Stadtautobahnen in Wohnvierteln wie Harvestehude, Winterhude oder Eppendorf gut zu beobachten, die ganz anders als jenes ursprünglich vom geplanten Autobahnzubringer getroffene Ottensen strukturiert sind. In Eppendorf, das neuerdings einen starken Zuzug von jüngeren Bewohnern hat, formierten sich Bürgerinitiativen unter anderem gegen den Plan, den Isebekkanal für eine Autobahnstraße zu verwenden.

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