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Caligula. Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn von Ludwig Quidde (1894)

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Prunk- und Verschwendungssucht haben sich natürlich bei Caligula auf den verschiedensten Gebieten bethätigt, bei Festen, Mahlzeiten (25) und Geschenken, in Kleidung und Wohnung und allem, was sonst zum Leben gehört, besonders auch in der Einrichtung seiner Paläste und Villen und der mit unsinnigem Luxus ausgestatteten kaiserlichen Yachten (25a), am allerhervorstechendsten aber in riesenhaften Bauten und Bauprojekten (26). Auch das ist ein den überspannten Herrscherideen eigentümlicher Zug — man denke nur an die soeben schon berührten Beispiele; man kann ihn sich übrigens leicht genug verständlich machen, wenn man die Ruhmsucht der Cäsaren und ihren Wunsch, vor der Nachwelt zu glänzen, im Auge behält.

Die Maßlosigkeit der Projekte des Caligula und die kurze Zeit seiner Regierung haben bewirkt, daß eine Reihe seiner Bauten unvollendet liegen geblieben ist. Auf dem Palatin in Rom zeigt man noch die Anfänge zu der „Brücke des Caligula", durch die er über das Forum hinüber den Kaiserpalast mit dem Capitol, dem Heiligtum der Stadt, verbinden wollte (27). Große Wasserleitungen und Cirkusbauten nahm er gleichzeitig in Angriff, auch das schon öfter erörterte Projekt eines Kanals durch die Landenge von Korinth sollte schleunigst zur Ausführung gebracht werden (28). Mit dieser Baulust war eine auffallende Zerstörungssucht verbunden. Erhaltenswerte Bauten wurden aus nichtigen Gründen zerstört oder umgestaltet (29). Was aber neu entstand, trug zum großen Teil den Stempel von ganz bizarren Einfällen. Je unmöglicher und unsinniger eine Aufgabe schien, um so mehr lockte sie ihn (30) . Am Golfe von Neapel nennt man Überreste eines römischen Hafendammes ponte di Caligula in Erinnerung an den phantastischen Brückenbau, den er dort zur Ausführung eines wahnwitzigen Gedankens hatte herstellen lassen.

Caligula ließ nämlich über die Bucht von Bajae eine riesenlange Schiffsbrücke schlagen, auf derselben eine förmliche Landstraße mit Schenken und Süßwasserleitungen anlegen und führte, angethan mit dem angeblichen Panzer Alexanders des Großen, seine Truppen über die Brücke nach Bajae, fiel mit seinen Soldaten in die friedliche Stadt ein, wie um sie zu erobern, veranstaltete am nachfolgenden Tage auf der Brücke einen großen Triumphzug mit gewaltigem Aufputz, fingierter Beute und fingierten Gefangenen und feierte schließlich selbst das glorreiche Unternehmen, die Überwindung so vieler Strapazen, wie er sagte, und die Fesselung des Oceans in pomphafter Rede und rauschenden Festen (31) .

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Wahnwitzige Prunk- und Verschwendungssucht tritt in diesem berühmt gewordenen Unternehmen recht kraß hervor, zugleich aber noch eine andere ganz eigentümliche Richtung, die der krankhafte Größenwahn und das Prunkbedürfnis der Fürsten zu nehmen pflegt: der Heißhunger nach militärischen Triumphen.


(25) Vergl. z. B. Seneca, Ad. Helviam de consolatione 10, 4.
(25a) Sueton 36.
(26) Sueton 21.
(27) Vgl. Suetonius 22 .
(28) Suetonius 21.
(29) Vergl. z. B. Seneca, De ira III, 21, 5. Dio Cassius 59, 28.
(30) Sueton 37
(31) Dio Cassius 59, 17. Vgl. Sueton 19, 32. Josephus, Antiqu. XIX, 1 Seneca, De brevitate vitae 18, 5.

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