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Reichshandwerksordnung (16. August 1731)

Diese Vorschrift verlangte von Gesellen, Arbeitgebern ihre Geburtsurkunde und Lehrbriefe (den Nachweis ihres Lehrabschlusses) als Beweis für ihr Wohlverhalten vorzulegen. Sie versuchte, die Reichspoliceyordnungen (innen- und wohlfahrtspolitische Verordnungen) von 1548 und 1577 durchzusetzen, die den Ausschluss von außerehelichen Kindern und von Kindern „unehrenhafter Gewerbe“ ausübender Eltern aus den Handwerksberufen untersagte, wenngleich bei den Kindern von Schindern eine teilweise Ausnahme gemacht wurde. Die Verordnung verbot außerdem unter Androhung der Todesstrafe Streiks, Protestdemonstrationen sowie Aufstände und schaffte den „blauen Montag“ ab (d.h. der illegale kollektive Arbeitsboykott der Handwerker am Montag) ab. Sie drohte zudem aufsässigen Zünften mit der Auflösung, erklärte Löhne für übermäßig hoch und wies die Reichbehörden auf Ebene der Reichskreise an, neue Lohnrichtlinien zu erlassen. Doch den mehrere Fürstentümer umfassenden Reichskreisen standen keine Durchsetzungsmittel zur Verfügung. Somit blieb die Herausforderung, die zur Widersetzlichkeit neigende Handwerkerschaft zu disziplinieren, den verschiedenen Territorialstaaten überlassen, die bei ihrem Umgang mit den altehrwürdigen Zünften vorsichtig und pragmatisch vorgingen.

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Die Abstellung deren im Hei[igen] Römischen Reich Bey denen Handwerks-Zünfften Vielfältig Eingeschlichenen Mißbräuchen Betreffend


Wir Carl der Sechste, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien [ . . . ]

thun euch hiemit zu wissen: [ . . . ]

I. Sollen im Heil. Röm. Reich die Handwerker unter sich keine Zusammenkünfte, ohne Vorwissen ihrer ordentlichen Obrigkeit, welcher bevorstehet, dazu jemand in ihrem Namen nach Gutbefinden zu deputiren, anzustellen Macht haben, auch an keinem Ort einige Handwerks-Artikel, Gebräuche und Gewohnheiten passiret werden, sie seyen dann entweder von der Landes- oder wenigst jedes Orts dazu berechtigten Obrigkeit (wie dann jedem Reichs-Stand ohnedem nach Gelegenheit der Zeit, der Läufte, und Umstände, Kraft besitzender Regalien, alle Lands-Herrliche Gewalt, und in Ansehung derselben, die Aender- und Verbesserung der Innungs-Briefe in ihrem Gebiet allweg vorbehalten bleibt) nach vorgängiger genugsamer Erweg- und Einrichtung, nach der Sachen gegenwärtigem Zustand confirmirt, und bekräftiget, hingegen alldiejenige, welche von denen Handwerks Leuten, Meistern, und Gesellen allein für sich und ohne nurgedachter Obrigkeiten Erlaubniß, Approbation, und Confirmation aufgerichtet worden, oder inskünftige aufgerichtet, und eingeführet werden mögten, null, nichtig, ungültig, und unkräftig seyn, wann auch dieselbe im Heil. Röm. Reich, es seye, wo es wolle, sich mit Einführung eigenwilliger Gebräuche hierwider vergreifen, auch auf Obrigkeitliche Ahndung davon nicht abstehen würden, sollen selbige nach gebührend- beschehen- Obrigkeitlicher Erkanntnuß, wegen solcher Übertretung und Ungehorsams, in dem Heil. Röm. Reich auf ihren Handwerkern an keinem Ort passiret, sondern von jedermänniglich vor Handwerks unfähig, und untüchtig gehalten, auch, wann sie ausgetreten, ad valvas Curiarum, oder andern öffentlichen Orten angeschlagen, und aufgetrieben werden, solang, und so viel, biß sie solchen ihres Verbrechens und Unfugs wegen, Obrigkeitlich abgestrafet, und publica auctoritate zu ihrem Handwerke wiederum admittiret worden, mit welcher Strafe auch gegen diejenige Meister und Gesellen, so dergleichen Übertreter, hindangesetzet berührter ihnen kund gethaner Obrigkeitlichen Erkanntnuß, vor tüchtig und Handwerks-fähig halten, und zu Treibung des Handwerks beförderlich seyn wollten, zu verfahren.

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