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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Maastricht aus dem Weg geräumt (3. November 1993)

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b) Zur Wirtschafts- und Währungsunion

Das Gericht schließt sich auch im Hinblick auf die Wirtschafts- und Währungsunion der Auffassung der Bundesregierung an und bestätigt, daß die Währungsunion „als Stabilitätsgemeinschaft konzipiert [ist], die vorrangig Preisstabilität zu gewährleisten hat“. Hierzu gehören u. a. folgende Aspekte:

Die Konvergenzkriterien, die über die Teilnahme an der dritten Stufe entscheiden, können auch nach Auffassung des Gerichts nicht „aufgeweicht“ werden. Das Gericht betont, der sich aus dem Vertrag ergebende Ermessensspielraum könne nur bedeuten, verbleibende „Einschätzungs-, Bewertungs- und Prognosespielräume müsse mehrheitlich ausgeräumt werden können“. Dies erlaube es aber nicht, sich von den Konvergenzkriterien zu lösen.

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Das Gericht gelangt zu dem Gesamtergebnis, Deutschland unterwerfe sich mit der Ratifikation des Maastricht-Vertrags nicht einem „unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren ‚Automatismus‘ zu einer Währungsunion; der Vertrag eröffnet den Weg zu einer stufenweisen weiteren Integration der Europäischen Rechtsgemeinschaft, der in jedem weiteren Schritt entweder von gegenwärtig für das Parlament voraussehbaren Voraussetzungen oder aber von einer weiteren, parlamentarisch zu beinflussenden Zustimmung der Bundesregierung abhängt“.

Die parlamentarische Mitwirkung vor Eintritt in die dritte Stufe hat die Bundesregierung durch die Zusage des Bundesministers der Finanzen an den Deutschen Bundestag vom 2. April 1993 und deren Mitteilung an Rat, Kommission und EP sichergestellt.

3. Folgerungen für die Bundesregierung

Die grundsätzlichen Überlegungen des BVerfG sind für den weiteren Ausbau der Union förderlich und halten die Perspektive der Erweiterung und Vertiefung der Union offen:

– Das BVerfG hat die Europaoffenheit des GG bestätigt. Dazu gehört die Erkenntnis, daß wir Regeln unserer Verfassung nur begrenzt zu Vorgaben für den Ausbau der Union machen können. Das gilt auch für das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, solange eine vom Volk ausgehende Legitimation und Einflußnahme innerhalb der Union gesichert ist.

– Zur verfassungsrechtlichen Absicherung des Maastricht-Vertrags hat sich die Einfügung von Art. 23 (neu) GG (Struktursicherungsklausel, Mitwirkung des Bundestags) als hilfreich erwiesen.

– Die Notwendigkeit, mit dem schrittweisen Ausbau der Gemeinschaft auch die Rolle des Europäischen Parlaments zur demokratischen Abstützung der Politik der Gemeinschaft zu stärken und Entscheidungen der Gemeinschaft transparenter zu gestalten, wird bekräftigt.

– Die Bundesregierung wird darauf achten müssen, daß gemeinschaftsrechtliche Befugnisnormen eingehalten werden und daß der Subsidiaritätsgrundsatz jeweils berücksichtigt wird.

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