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Bilder - Demokratisches Erwachen

Im Herbst 1989 brachte eine unerwartete demokratische Herausforderung von unten die Deutsche Demokratische Republik (DDR) zu Fall. Der alternde Diktator Erich Honecker konnte einen Monat zuvor noch den vierzigsten Jahrestag seines kommunistischen Staates als einen großartigen Erfolg begehen, doch die Ansammlung langfristiger Probleme, wie der Verlust an ideologischer Glaubwürdigkeit, das Absterben der Planwirtschaft und der Terror der Staatssicherheit, hatte seine Grundfesten ausgehöhlt. Der Massenexodus der Flüchtlinge über die ungarisch-österreichische Grenze und die westdeutsche Botschaft in Prag und Warschau im Sommer und Herbst 1989 veranschaulichte die tief verwurzelte Entfremdung der ostdeutschen Bürger, die auf ein besseres Leben im Westen hofften. Ermutigt durch den Zusammenbruch des Kommunismus in Polen und Ungarn, begannen die Bürgerrechtler, die Öffentlichkeit zu einer offenen Diskussion aufzufordern, Vereinigungen wie das Neue Forum zu bilden und Pläne für eine weitreichende Reform zu entwickeln. Der Versuch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), die Fluchtbewegung zu stoppen und Kritik durch Polizeigewalt zu unterdrücken, schlug fehl, da die Repression die Grausamkeit des Regimes offenbarte und Sympathien mit den Opfern auslöste. Als die Leipziger Behörden sich gegen den Einsatz von Gewalt entschlossen, um die sich überstürzenden Demonstrationen am 9. Oktober 1989 einzudämmen, eigneten sich die kollektiven Aktionen der ostdeutschen Bürger jene Menschenrechte an, die die Verfassung zwar garantierte, in der Praxis aber ignorierte.

Die Bemühungen der kommunistischen Partei, dem sowjetischen Beispiel in letzter Minute zu folgen und das System zu liberalisieren, konnten nicht gelingen, weil die eingeräumten Konzessionen zu gering waren und zu spät kamen. Als Honecker am 18. Oktober 1989 zurücktreten musste und sein handverlesener Nachfolger Egon Krenz einen offenen Dialog mit der immer stärker werdenden Opposition vorschlug, blieb die Öffentlichkeit skeptisch, nicht nur, weil er einige Monate zuvor das chinesische Blutbad am Tiananmen-Platz gerechtfertigte hatte. Stattdessen strömte eine halbe Million Menschen auf den Berliner Alexanderplatz, um für eine gründliche Umstrukturierung des ostdeutschen Regimes in Richtung eines demokratischen Sozialismus zu plädieren. Eine falsch gehandhabte Ankündigung einer flexibleren Ausreisepolitik am 9. November brachte Tausende Neugierige an die Grenzübergänge, die die Grenzbeamten bestürmten und sie schließlich dazu veranlassten, die Mauer zu öffnen.

Krenz‘ Amtszeit sollte nur von kurzer Dauer sein. Als Millionen DDR-Bürger den westlichen Wohlstand in Augenschein nehmen konnten, fiel selbst das beherzte Versprechen umfassenderer Reformen durch den beliebten Hans Modrow (der mittlerweile Krenz ersetzt hatte) am 17. November 1989 größtenteils auf taube Ohren. In ihrer Verzweiflung erfanden sich die herrschenden Kommunisten als „Partei des Demokratischen Sozialismus“ neu und plädierten für eine „neue DDR“.

Der zusammenbrechende ostdeutsche Staat reanimierte die deutsche Frage, die vier Nachkriegsjahrzehnte geschlummert hatte. Die wachsende Entspannung zwischen den Supermächten hinterfragte die Notwendigkeit der Teilung, die aus getrennten Besatzungszonen nach dem Ende des zweiten Weltkriegs entstanden war und durch die Konfrontationen des Kalten Krieges gefestigt wurde. Mit untypischer Kühnheit ergriff der westdeutsche Bundeskanzler Helmut Kohl am 28. November die Initiative und schlug einen „Zehnpunkteplan“ für die deutsche Einheit vor, der eine allmähliche Zusammenführung von einer Konföderation zur Wiedervereinigung in die Wege leiten sollte. In Sorge um das Überleben der russischen Kontrolle über Osteuropa tadelte der Zentralsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, verärgert den deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, indem er das Gespenst Hitlers heraufbeschwor. Im Gegensatz zu ihm sah der Präsident der USA, George Herbert Walker Bush, im demokratischen Erwachen Mitteleuropas eine Chance für die Ausbreitung der Demokratie, falls die Sowjetunion dazu überredet werden könnte, auf ihre Satelliten gewaltfrei zu verzichten und so auch die deutsche Einheit zu unterstützen. Innerhalb der DDR setzten sich die wichtigsten Gruppen der Bürgerrechtsbewegung und die kommunistischen Organisationen zusammen, um an einem Zentralen Runden Tisch über notwendige Reformen zu debattieren. Doch der überwältigende Empfang von Kohl während seines Besuches in Dresden am 19. Dezember bewies, dass „die Einheit nicht mehr aufzuhalten“ sei.

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