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Bilder - Ölschocks und Stagnation

Während der sechziger Jahre gab es kurzzeitig Anzeichen dafür, dass die Entwicklung in den beiden gegensätzlichen Systemen in Ost- und Westdeutschland teilweise einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte: Die soziale Marktwirtschaft der BRD wies planwirtschaftliche Elemente auf und die Planwirtschaft der DDR führte Marktanreize ein. Zwar trat die Bonner Koalition aus Konservativen und Liberalen auch weiterhin gegen Kritik von links für die von Ludwig Erhard erfolgreich etablierte „soziale Marktwirtschaft“ ein. Doch die erste Rezession kostete nicht nur Erhard die Kanzlerschaft, sondern führte auch zu einem dirigistischeren Ansatz des neuen Wirtschaftsministers Karl Schiller. Dieser versuchte, die unterschiedlichen Hauptakteure der Wirtschaft in einer „konzertierten Aktion“ zusammenzuführen und im Bereich der öffentlichen Ausgaben ein antizyklisches, keynesianisches Verhalten gesetzlich zu verankern. Zur gleichen Zeit wurde SED-Führer Walter Ulbricht sich darüber bewusst, dass die Strukturveränderung der ostdeutschen Wirtschaft abgeschlossen war, und dass diese ihre Dynamik nur durch die partielle Wiedereinführung ökonomischer Anreize in Form marktwirtschaftlicher Elementen in den zentralen Wirtschaftsplan beibehalten werden konnte. Dennoch erwies sich die Hoffnung der Kommunisten als illusorisch, den kapitalistischen Westen zu überholen, ohne ihn einzuholen, indem man ihm seine Führungsposition durch die Einführung neuer Technologien streitig machte.

Ulbrichts Nachfolger, Erich Honecker, versuchte unter dem auf dem VIII. Parteitag der SED eingeführten Schlagwort der „Einheit der Wirtschafts- und Sozialpolitik“ das Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland anzukurbeln. Gleichzeitig war man bemüht, durch die Zusammenlegung einzelner staatlicher Unternehmen zu riesigen Kombinaten, die Effizienz zu steigern, indem man Produktionsüberschüsse vermied und zugleich eine ganze Produktionskette innerhalb eines einzigen Unternehmens mit zehntausenden von Mitarbeitern organisierte. Dennoch fehlte es im Alltagsleben der DDR an allen Ecken und Enden, da sich der Plan im Vergleich zum Markt als weniger flexibel in der Produktionssteuerung erwies, was die Weihnachtseinkäufe zum Abenteuer machte. Die Verringerung der sowjetischen Öllieferungen sowie Preissteigerungen beeinträchtigten außerdem die Exportchancen der DDR bei Produkten der ölverarbeitenden Industrie und trieb die Energiekosten in die Höhe. Wie der Wirtschaftsboss der DDR, Günter Mittag, zugab, erwies sich die Politik Honeckers letzten Endes deswegen als illusorisch, weil immer höhere Summen vom Westen geliehen wurden, um die Forderung nach mangelnden Konsumgütern zu befriedigen, anstatt dieses Geld für Investitionen zu nutzen, die auf lange Sicht die Produktivität gesteigert hätten.

Im Gegensatz dazu konnte die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik der zweifachen Herausforderung von Energiekrise und dem Übergang zur postindustriellen Gesellschaft erfolgreicher begegnen. Der erste und der zweite Ölschock (1973 und 1979) wirkten sich auch auf die Wirtschaft im Westen verheerend aus, da sich die Energiekosten vervielfachten. Dies wiederum führte zu einer sofortigen Rezession und einem merklichen Anstieg der Arbeitslosigkeit, die zu einem Strukturproblem wurde und nicht nur eine saisonbedingte Erscheinung war. Eine Kombination von Rückgriff auf traditionellere Energiequellen und Begrenzung des Ölverbrauchs durch Fahrverbote verringerte schließlich die Abhängigkeit von der Produktion der OPEC-Staaten. Darüber hinaus entschied sich die sozialliberale Regierung unter Helmut Schmidt für eine Mischung von Sparen und Ankurbeln der Konjunktur durch Kreditaufnahme der öffentlichen Haushalte, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Gleichzeitig ermöglichte es der Verkauf von Industriegütern an die ölfördernden Staaten, die Petrodollar zurück zu gewinnen. Durch Investitionen in erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie konnte akzeptabler Ersatz geschaffen werden. Mit Blick auf die unter seiner Regierung überwundene Rezension der frühen achtziger Jahre konnte Bundeskanzler Helmut Kohl 1989 dies als Teil einer schier ununterbrochenen Erfolgsgeschichte der sozialen Marktwirtschaft darstellen. Die Wirtschaft der DDR näherte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ihrem endgültigen Zusammenbruch.

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