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Regierungs- und Staatsbildung der Deutschen Demokratischen Republik (7. Oktober 1949)

Kurz nach der Staatsgründung in Westdeutschland wird mit sowjetischer Unterstützung in Ostdeutschland ein zweiter deutscher Staat gegründet: die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Im Oktober 1949 ratifiziert der Deutsche Volksrat die Verfassung der DDR und konstituiert sich in Ostberlin als Provisorische Volkskammer. Am 12. Oktober wird der SED-Politiker Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten gewählt und bildet eine Regierung mit allen in der Volkskammer vertretenen Parteien. Die Sowjetische Militäradministration wird durch eine Kontrollkommission abgelöst, die die Einhaltung der Bestimmungen des Potsdamer Abkommens und anderer alliierter Vereinbarungen überwachen soll, ansonsten aber offiziell die DDR in die Souveränität entlässt. Beide deutsche Staaten sprechen sich gegenseitig die demokratische Legitimität ab.

Der folgende Artikel über die bevorstehende Gründung der DDR „Das deutsche Volk formt selbst sein Schicksal“ erschien in der Täglichen Rundschau, einer von der Roten Armee in der Sowjetzone herausgegebenen Zeitung.

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Berlin, 6. Oktober (ADN). Die Hauptverwaltung Information der DWK teilt mit:

Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, diskutiert von breitesten Kreisen der gesamten deutschen Bevölkerung, angenommen vom Deutschen Volksrat, bestätigt vom Dritten Deutschen Volkskongreß, wird die Grundlage der bevorstehenden Staats- und Regierungsbildung sein. Wenn der Deutsche Volksrat am Freitag den Beschluß gefaßt haben wird, sich zur Vorläufigen Volkskammer umzubilden, so wird dieser wahrhaft historische Beschluß eine neue Phase der deutschen Nachkriegsentwicklung einleiten: Deutschland tritt aus dem Stadium des Besatzungsrechts in das der Souveränität ein.

Ist damit das Potsdamer Abkommen hinfällig geworden? Nein: es wird jetzt erfüllt – denn das gerade war ja der Sinn des Potsdamer Abkommens, einem demokratischen Deutschland die Unabhängigkeit wiederzugeben. So wird am Freitag das demokratische Deutschland den ersten Schritt zur Wiederherstellung seiner Souveränität, Unabhängigkeit und Freiheit tun, während das undemokratische Deutschland in Bonn, das Restdeutschland der Kriegshetzer und Spalter, der Hitlerschen Rüstungsmagnaten und Großgrundbesitzer, in der trostlosen Perspektive langdauernder Besetzung und wirtschaftlicher Abhängigkeit verharrt.

Die Mitglieder des Deutschen Volksrats, die in geheimer Abstimmung von den über 2000 Delegierten des Dritten Deutschen Volkskongresses gewählt wurden, haben hinter sich die Millionen von Ja-Stimmen der diesjährigen Volkskongreßwahlen, stützen sich also auf die breite Mehrheit der Bevölkerung. Wenn sie als Vorläufige Volkskammer zusammentreten, so weiß das deutsche Volk, daß seine Sache in guten Händen ist. Mit der Bildung der Provisorischen Volkskammer ergeben sich alle weiteren Schritte der Staats- und Regierungsbildung von selbst.

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