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Führende DDR-Schriftsteller protestieren gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann (17. November 1976)

Als die DDR-Regierung den Regimekritiker und bekannten Liedermacher Wolf Biermann ausbürgerte, wagten zahlreiche prominente Schriftsteller, gegen diese willkürliche Entscheidung zu protestieren. Sie forderten, diese rückgängig zu machen und machten damit ihren Wunsch nach mehr Freiraum für Diskussionen innerhalb der DDR deutlich.

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Gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann


Wolf Biermann war und ist ein unbequemer Dichter – das hat er mit vielen Dichtern der Vergangenheit gemein. Unser sozialistischer Staat, eingedenk des Wortes aus Marxens ‚18 Brumaire’, demzufolge die proletarische Revolution sich unablässig selbst kritisiert, müßte im Gegensatz zu anachronistischen Gesellschaftsformen eine solche Unbequemlichkeit gelassen nachdenkend ertragen können. Wir identifizieren uns nicht mit jedem Wort und jeder Handlung Wolf Biermanns und distanzieren uns von den Versuchen, die Vorgänge um Biermann gegen die DDR zu mißbrauchen. Biermann selbst hat nie, auch nicht in Köln, Zweifel darüber gelassen, für welchen der beiden deutschen Staaten er bei aller Kritik eintritt. Wir protestieren gegen seine Ausbürgerung und bitten darum, die beschlossenen Maßnahmen zu überdenken.

Sarah Kirsch, Christa Wolf, Erich Arendt, Jurek Becker, Volker Braun, Franz Fühmann, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Günter Kunert, Heiner Müller, Rolf Schneider, Gerhard Wolf.



Quelle: „Gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann“ (17. November 1976); abgedruckt in Klaus Wagenbach, Vaterland. Muttersprache. Deutsche Schriftsteller und ihr Staat seit 1945. Offene Briefe, Reden, Aufsätze, Gedichte, Manifeste, Polemiken. Berlin, 2004, S. 303.

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