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Otto Grotewohl, Ministerpräsident der DDR: Rede „Für das Glück unserer Mütter und Kinder” (27. September 1950)

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Gegenwärtig wird der Aufbau in der Deutschen Demokratischen Republik durch die Mitarbeit von Frauen noch in zu geringem Umfange gefördert, obwohl es leuchtende Vorbilder in vielen Dienststellen der Ministerien und Verwaltungen gibt. An der Spitze der Planung wirkt eine Frau mit. Eine Anzahl Frauen leitet wichtige Hauptabteilungen und Abteilungen in den Ministerien der Deutschen Demokratischen Republik und der Länder; zwei Frauen sind Mitglieder des Präsidiums der Provisorischen Volkskammer; 51 Frauen sind Abgeordnete der Provisorischen Volkskammer; eine Frau ist Staatssekretär im Volksbildungsministerium, eine Frau Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes.

Es gibt in den fünf Ländern der Deutschen Demokratischen Republik (Stand März 1950)

276 weibliche Bürgermeister,
43 weibliche Kreisräte,
25 weibliche Stadträte und
2 weibliche Oberbürgermeister.

In allen Zweigen des Berufslebens haben die Frauen bewiesen, daß sie in der Lage sind, „ihren Mann“ zu stehen, haben sie bereits bedeutende und hervorragende Leistungen beim demokratischen Aufbau vollbracht. [ . . . ]

Ein neues Familienrecht notwendig!

Dann ging Ministerpräsident Otto Grotewohl auf die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes ein, die wir an anderer Stelle im Wortlaut veröffentlichen. Auf Abschnitt II des Gesetzes, „Ehe und Familie“ eingehend, erklärte er:

Die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik hat mit den Bestimmungen über Gleichberechtigung von Mann und Frau eine Rechtsstellung für die Frau geschaffen, wie sie sie nie zuvor in Deutschland gehabt hat. Die Verfassung hat sich nämlich nicht darauf beschränkt, den Grundsatz der Gleichberechtigung zu proklamieren, sie hat vielmehr – wie auch bei den übrigen den Bürgern verliehenen Rechten – reale Garantien für deren Verwirklichung geschaffen.

Der in der Verfassung aufgestellte Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau stand zunächst im Gegensatz zum Bürgerlichen Gesetzbuch, das auf dem Grundsatz der Bevorrechtung des Mannes beruht. Um sofort die weitere Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie sonstiger Gesetze, die dem Grundsatz der Gleichberechtigung entgegenstehen, zu verhindern, wurde in der Verfassung ausdrücklich in Artikel 7 und Artikel 30 die Bestimmung aufgenommen, daß alle Gesetze, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau beeinträchtigen, aufgehoben sind. Durch diese klare Entscheidung der Verfassung war es seit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik nicht mehr möglich, Gesetze anzuwenden, die die Frau in ihrer Rechtsstellung gegenüber dem Manne benachteiligen.

Auch hier offenbart sich wieder der Unterschied zwischen der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, die die demokratischen Rechte der Bürger tatsächlich garantiert, gegenüber der damaligen scheindemokratischen Verfassung der Republik von Weimar. Auch die Verfassung von 1919 proklamierte – allerdings mit der Beschränkung auf die staatsbürgerlichen Rechte – den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter. Tatsächlich aber wurden alle Gesetze, die die Frau in ihren Rechten beschränkten, weiterhin angewendet und erst die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik machte diesem Zustand ein Ende.

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