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Solidarpakt I (16. März 1993)

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Das in Bonn verabschiedete Zehn-Punkte-Papier hat folgenden Wortlaut: »Die Finanzierung der deutschen Einheit in einer gesamtwirtschaftlich schwierigen Lage macht eine große Anstrengung bei Bund, Ländern und Gemein den notwendig auch um der Wirtschaft verläßliche Rahmendaten zu geben. Dies erfordert eine solidarische Anstrengung der Deutschen. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen über die langfristige Finanzierung der deutschen Einheit ab 1995. Eckpunkte dieser Einigung sind:

1. Die Finanzausstattung der neuen Länder und ihrer Gemein den wird gesichert durch ein Transfervolumen von 55,8 Milliarden Mark in 1995. Dazu wird die Bund-Länder-Finanzverteilung neu geordnet.

2. Zur Beseitigung ökologischer Altlasten sowie zur Sicherung und Erneuerung industrieller Kerne sollen zusätzliche Anstrengungen unternommen werden. Mit dieser Zielsetzung wird der Kreditrahmen der Treuhandanstalt erweitert.

3. Im Blick auf die Absatzförderung für Produkte aus den neuen Bundesländern sollen die Eignung entsprechender Instrumente und der in diesem Zusammenhang notwendige Umfang finanzieller Mittel geprüft werden.

4. Es besteht grundsätzliche Einigung über die Notwendigkeit der Bahnreform.

5. Zur Stärkung des Wohnungsbaus in den neuen Bundesländern wird folgendes vereinbart:
– Die Lösung der Altschuldenfrage im Wohnungsbau konnte erreicht werden: Kappung bei 150 Mark pro Quadratmeter; der entsprechende Kappungsbetrag von 31 Milliarden Mark wird dem Erblastenfonds hinzugefügt. Erlöse aus der Wohnungsprivatisierung werden zur Deckung entsprechender Belastungen im Erblastenfonds eingesetzt. Die entsprechenden Zinshilfen belaufen sich auf 4,7 Milliarden Mark (1994) bzw. 2,35 Milliarden Mark (1995) und werden je zur Hälfte von Bund und neuen Ländern getragen.
– Solange Wohnungsunternehmen noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen werden können, werden Übergangsbürgschaften gewährt.
– Das KfW [Kreditanstalt für Wiederaufbau]-Programm des Bundes wird von 30 Milliarden Mark auf 0 Milliarden Mark aufgestockt. 10 Milliarden Mark davon werden für die Verbesserung der Plattenbauwohnungen mit einer Zinsverbilligung von drei Prozentpunkten eingesetzt; für die übrigen 20 Milliarden Mark gibt es eine Zinsverbilligung von zwei Prozentpunkten.
– Im Rahmen der Städtebauförderung Ost wird die Wohnumfeldverbesserung fortgesetzt.
– Das Fördergebietsgesetz wird für Wohnungsbauinvestitionen im Privatvermögen (50 Prozent Sonderabschreibung in den ersten fünf Jahren) um zwei Jahre verlängert.

6. Zur Verstetigung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik im Verlauf des Jahres 1993 wird die Bundesregierung einen zusätzlichen Betrag von zwei Milliarden Mark zur Verfügung stellen.

7. Soziale Regelleistungen werden nicht gekürzt. Mißbrauch im Bereich sozialer und wirtschaftlicher Leistungen wird nachdrücklich bekämpft.

8. Es besteht Einvernehmen darüber, daß Ausgabenkürzungen und der Abbau von Steuersubventionen einen Einsparbetrag von neun Milliarden Mark erbringen müssen. Die darüber hinaus notwendigen Einsparungen werden in der Arbeitsgruppe der vier Länderfinanzminister mit dem Bundesfinanzminister unter Hinzuziehung von Vertretern der Bundestagsfraktionen geprüft und mit Abschlußvollmacht entschieden.

9. Bei der Einführung eines Solidaritätszuschlags in Höhe von 7,5 Prozent ab 1. Januar 1995 besteht Einvernehmen darüber, daß eine über den Grundfreibetrag hinausgehende soziale Komponente vorgesehen wird. Die private Vermögenssteuer wird erhöht unter Anpassung der Freibeträge von 70000 auf 120000 Mark. Es besteht Einigkeit, daß dem Bund 1995 im Ergebnis insgesamt 28 Milliarden Mark zusätzlich zur Verfügung stehen.

10. Im Hinblick auf den Finanzbedarf der neuen Bundesländer besteht für 1993 Einigkeit darüber, daß der Bund und alte Länder ihre Mehreinnahmen aus dem Zinsabschlagsgesetz hierfür zur Verfügung stellen (855 Millionen bzw. 1,3 Milliarden Mark). Darüber hinaus werden 1,55 Milliarden Mark zur Verfügung gestellt, und zwar vom Bund und alten Ländern zu gleichen Teilen. Insgesamt werden damit für den Fonds Deutsche Einheit 1993 zusätzlich 3,7 Milliarden Mark bereitgestellt. Um das Aufkommen aus dem Fonds Deutsche Einheit auch für 1994 zu stabilisieren, wollen Bund und alte Länder zusätzliche Beträge aufbringen. Hierüber soll in der Gruppe der Finanzminister beraten werden mit dem Ziel, eine entsprechende Entscheidung des Bundeskanzlers und der Regierungschefs der Länder herbeizuführen. Die Bundesregierung wird in diesen Beratungen der Finanzminister einen Betrag von 5,35 Milliarden Mark einbringen. Die alten Länder prüfen, ob sie über einen zugesagten Betrag von 3,5 Milliarden Mark hinaus hierfür zusätzliche Beträge zur Verfügung stellen.«

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