GHDI logo

Deutschland im Krieg 1914-1918
Druckfassung

Überblick: Das Wilhelminische Deutschland 1890-1914   |   I. Wirtschaftliche Entwicklung   |   II. Gesellschaft und Kultur   |   III. "Modernes Leben": Diagnosen, Entwürfe, Alternativen   |   IV. Staat und Gesellschaft   |   V. Politik   |   VI. Außenpolitik   |   Deutschland im Krieg 1914-1918   |   I. Die Kämpfe   |   II. Mobilisierung der Heimatfront   |   III. Entbehrungen und Unruhen an der Heimatfront   |   IV. Der Weg zum Kriegsende

Unabhängig davon, ob die deutsche Führung mit dem Kriegseintritt 1914 möglicherweise die Hoffnung verknüpft hatte, das Land zu einen, waren die Konsequenzen des nachfolgenden Konfliktes katastrophal. Die große nationale Erfahrung des Krieges verband tatsächlich alle Deutschen, paradoxerweise verschärfte eben diese Erfahrung jedoch gleichzeitig die sozialen, kulturellen und politischen Spannungen, unter denen das Wilhelminische Deutschland bereits in Friedenszeiten gelitten hatte. Das Land war für einen langen Krieg nicht gerüstet, denn das Bündnis, welches gegen Deutschland ins Feld zog, verfügte über weit umfangreichere grundlegende Ressourcen als das Reich. Es gelang, die heimischen Reserven in einem zermürbenden Kraftakt zu mobilisieren und somit die deutschen Armeen über vier Jahre lang im Feld zu halten. Dies zog jedoch derartige Erschütterungen, Entbehrungen und Zerfallserscheinungen im Inland nach sich, dass der Fortbestand des Wilhelminischen Staates selbst in Frage gestellt wurde. Die Niederlage der deutschen Armeen im Herbst 1918 zerschlug die Hoffnungen all derer, die einem großen Sieg in dem Kalkül entgegen gesehen hatten, er würde die bestehenden Machtstrukturen bestätigen und den innenpolitischen Konsens wieder herstellen. Die Niederlage wurde stattdessen vor dem Hintergrund des politischen Zusammenbruchs, von Revolution und Bürgerkrieg besiegelt.

Welchen Platz auch immer das Wilhelminische Deutschland in der Vorgeschichte des Nationalsozialismus einnehmen mag, die Bedeutung des Krieges ist kaum zu überschätzen. Selbst seine vermeintlichen Errungenschaften wie die Emanzipation der Frau und die politische Integration eines Großteils der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung vermitteln aus heutiger Sicht einen zwiespältigen Eindruck, ganz zu schweigen von der Geburt der Deutschen Kommunistischen Partei. George Kennans berühmter Formulierung zufolge war der Krieg die „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts. Er hinterließ der deutschen republikanischen Regierung, die sich 1918 bildete, ein erdrückendes, durch innere Auseinandersetzungen und nationale Demütigung schwer belastetes Vermächtnis.


Weiterführende Literatur:

Roger Chickering. Imperial Germany and the Great War, 1914-1918. Cambridge, 2004.

Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht: Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914-1918. Düsseldorf, 1961.

Holger Herwig, The First World War: Germany and Austria-Hungary, 1914-1918. London, 1997.

Peter Graf Kielmannsegg, Deutschland und der Erste Weltkrieg. Frankfurt am Main, 1968.

Fritz Klein, et al, Deutschland im Ersten Weltkrieg. 3 Bände. Berlin, 1968-69.

Wolfgang Michalka, Hg., Der Erste Weltkrieg: Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. München und Zürich, 1994.

Wolfgang J. Mommsen,Die Urkatastrophe Deutschlands: Der Erste Weltkrieg 1914-1918. Stuttgart, 2002.


Seite 8

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite